5. März 2015

Industrienahe Gesetzgebung verhindern - Gentech-Risiko

Gentechnik-Flickenteppich in Deutschland? 

Im Dezember 2014 haben wir [Anm.: Campact] Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) mehr als 250.000 Unterschriften gegen Konzern-Mitsprache in der Gentechnik-Politik übergeben. Mit Erfolg. Doch nun droht neues Ungemach: Schmidt will künftige Anbauverbote etwa für Gentech-Mais von Monsanto nicht selbst verhängen, sondern die Verantwortung auf die Bundesländer abschieben. Das Problem: Damit eine Gen-Sorte in Deutschland nicht auf die Felder kommt, bräuchte es dann 16 erfolgreiche Verbotsverfahren. Bayer, Monsanto und Co. könnten sie alle vor Gericht anfechten. Das würde den Konzernen gefallen, Gentechnik wäre kaum noch zu stoppen.

Mehr Info zu den Hintergründen der Risikobewertung:

Gentech-Risiko-Forschung "fehlt jede Basis",
magelnde Transparenz & Kontrolle:

Interview mit Christoph Then vom Verein Testbiotech,
„Man muss sich auf das verlassen, was die Industrie vorsetzt“:


Im Bundeslandwirtschaftsministerium fand gestern eine Anhörung zur „Forschung im Bereich der Grünen Gentechnik“ statt. Gefragt wurde: Genügen die Forschungskapazitäten in Deutschland, wohin soll geforscht werden und wie müssen die Rahmenbedingungen aussehen? 

Die Antwort von Imker-, Lebensmittel- und Umweltverbände (u.a. auch Save Our Seeds): es braucht „erhebliche“ Verbesserungen, höhere Standards und mehr Transparenz. Christof Potthof vom Gen-ethischen Netzwerk kritisiert, der Gentech-Risiko-Forschung fehle jede Basis. "Die Gentech-Firmen bestimmen selbst darüber, wer mit ihren Pflanzen forscht - und wer nicht.“
(weiterlesen hier)

Save Our Seeds 

„Save Our Seeds“ (SOS, zur Homepage hier) wurde 2002 als Berliner Büro der Zukunftsstiftung Landwirtschaft in der GLS Treuhand e.V. ins Leben gerufen. Die Initiative ist zugleich eine europäische Kampagne zur Reinhaltung des Saatgutes von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) und zur Verteidigung gentechnikfreier Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion.

Sogenannte Grenzwerte für "zufällige und technisch unvermeidbare" Verunreinigungen von Saatgut mit GVO bedrohen die konventionelle wie die biologische Landwirtschaft. Kennzeichnungs-Grenzwerte zwischen 0,3 % und 0,7%, die die EU-Kommission zunächst vorschlug und die Industrie weiterhin fordert, würden der gentechnikfreien Landwirtschaft die Grundlage entziehen und zur schleichenden Verunreinigung des gesamten Saatgutes und damit unserer Lebensmittel führen. 


In dieser Frage ist Save Our Seeds das „Kompetenz-Zentrum“ der Gentechnik-kritischen zivilgesellschaftlichen Bewegungen in Europa, und Ansprechpartner für Politiker, Unternehmen, Regionalregierungen und Medien. Über 300.000 Menschen und mehr als 300 Organisationen mit über 25 Millionen Mitgliedern aus allen EU Staaten sowie Unternehmen und Institutionen unterstützen die gemeinsame Petition von Save Our Seeds für ein Reinheitsgebot und die sogenannte Nulltoleranz beim Saatgut. Auch immer mehr Regierungen und europäische Institutionen haben sich diese Forderung mittlerweile zu Eigen gemacht. Mit politischen und öffentlichkeitswirksamen Aktionen kämpft Save Our Seeds für ein konsequentes Reinheitsgebot beim Saatgut. Mit Erfolg: Bis heute ist es gelungen, die Verabschiedung von Grenzwerten auf europäischer Ebene zu verhindern und zugleich das öffentliche Bewusstsein für die Problematik zu schärfen.

Arbeitsweise und Projekte

Aus diesem Kernanliegen ergaben sich im Laufe der letzten Jahre zahlreiche weitere Aktivitäten zu den Themen Agro-Gentechnik, Saatgut, nachhaltige Landwirtschaft und Ernährungssouveränität. Save Our Seeds organisiert die jährliche Konferenz der Gentechnikfreien Regionen Europas, die Herausgabe des Informationsdienst Gentechnik, die Aktion Bantam-Mais, ist aktiv in der Lobbyarbeit und bei der Vernetzung von Aktivitäten, v.a. auf EU-Ebene.

Seit 2009 arbeitet SOS zudem daran, den Weltagrarbericht von UNO und Weltbank, in dessen Aufsichtsrat Benedikt Haerlin (Leiter von SOS) seit 2003 mitgearbeitet hatte, bekannt zu machen. Diese Arbeit mündete 2011 in die Kampagne Meine Landwirtschaft zur Reform der gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union und deren europaweitem Pendant, der Agricultural and Rural Convention 2020, Arc2020. Im Rahmen des Projekts 2000m² testet SOS auf dem sogenannten "Weltacker" außerdem, wie die 2000 Quadratmeter Ackerfläche, die jedem Menschen zustehen, bepflanzt werden könnten.

Das Berliner Büro der Zukunftsstiftung Landwirtschaft vernetzt ohne übertriebenen Selbstdarstellungsdrang mit seinen Kampagnen und Aktionen ein breites Spektrum von Initiativen, Unternehmen, Politikern, Wissenschaftlern, Landwirten und engagierten Bürgerinnen und Bürger. All seine Aktivitäten werden von einer großen Zahl von Organisationen in unterschiedlicher Zusammensetzung unterstützt und getragen. In dieser Vernetzungsarbeit „aus der zweiten Reihe“ sieht es seinen spezifischen Betrag zur Förderung ökologisch, kulturell und wirtschaftlich wegweisender landwirtschaftlicher Produktion und veränderndem Konsum und Genuss von Lebensmitteln. SOS will damit die Saat für fruchtbare Debatten und die Entwicklung einer Landwirtschaft der Zukunft legen.