17. November 2022

Heilende Laute im Qi Gong

Was das Herz bewegt,
strömt in Tönen aus.
Was als Ton im Äusseren erklingt,
beeinflußt das Herz im Inneren

(Quelle: Lü Bu We, Lüshi chunqiu)

Heilende Laute, Lieder, Mantren, Rezitationen, Singen und Summen gehören in allen Kulturen sowohl zu Gebet und Innenschau, aber auch zu den heilenden Methoden.

Auch zu den das Leben nährenden Übungen der chinesischen Medizin gehören heilende Laute in den verschiedensten Formen. Bekannt im Westen sind die "5 heilenden Laute", die den Atem mit den Formen, Farben und Lauten der Wandlungsphasen über Bewegungen verbinden.

Doch allein bewusstes Summen von Tönen verfügt über eine sehr intensive Wirkung. Der erste menschliche Laut ist das staunende "Ahh", das sich als Amen, Aum, Allah, als Laut der Dankbarkeit im Gebet ritualisiert hat.

Jedes Gebet hat einen Klang
und eine körperliche Gestalt

(Dschalal ad-Din Muhammad Rumi)

Die heilende, das Energieniveau unserer Lebenskraft erhebende Wirkung erfahren wir am besten durch schlichtes Ausprobieren. 

Doch fällt es vielen Menschen zunächst alles andere als leicht, sich Zeit und Ruhe zu gönnen, um zu singen/summen. Schon das Stillsitzen/Stillstehen fällt schwer, geschweige damit in entspannte, innere Stille zu kommen. 

Die angesammelte Anspannung, die innere Unruhe, all unsere Symptome und der ständig sabbelnde Verstand lassen uns kaum in die äussere Ruhe kommen, aus der innerer Frieden entsteht. Sich selbst auch nur ein  paar Minuten auszuhalten, fällt schwer. Töne dabei von sich zu geben, fällt vor lauter Scham Manchem nicht leichter.

Nadabrahma Meditation

so nannte Osho ein einfaches dreiteiliges Ritual aus Summen, sanfter Bewegung und Stille. Doch  können wir es ebensogut Gebet, Seidenfadenübung und stilles Sitzen nennen.

Gebet ist nichts anderes als Meditation. Beides bedeutet keineswegs, Schalter umlegen und in Glückseeligkeit davonträumen. Sondern es gilt, wach zu sein,  sich bewusst werden, was gerade geschieht. Innehalten, um sich aushalten  zu üben. Ganz da sein. Dann kann aus dem ständigen Wollen des Alltags  ein Loslassen der Erwartungen werden, hin zum "dein Wille geschehe, komme, was wolle".

Das Ritual einer Übung unterstützt uns dabei. Körper und Geist werden dabei beschäftigt, dennoch entwischen wir der Identifikation mit unserem Körper oder den Gedanken. Denn ich werde zum stillen, neugierigen Beobachter:

  • Zuerst komm zur Ruhe
    im stillen Sitzen oder Stehen.
    Komm zu Atem.
    Ein leises, natürliches Summen entsteht beim Ausatmen.

    Es kitzelt leicht zwischen den geschlossenen Lippen. Es vibriert im Bauch, ganz von selbst. Seine Schwingung kommtsich irgendwo in deinem Körper in Resonanz.
    Hilfreich ist dabei eine meditative Musik, z.B. Klangschalen, die ca. 30 Minuten andauern sollte. Die ersten 20 Minuten brauchen wir allein schon, um zur Ruhe zu kommen und das Summen in einen natürlichen Rhythmus des Atems fliessen zu lassen.
  • Nun öffnest du deine Handflächen
    nach oben zum Himmel
    und bewegst die Hände
    über vorne weit nach Aussen.

    Über die Seiten kehren sie wieder vor den Unterbauch zurück. Die kreisförmige Bewegung der Arme ist langsam, so langsam, dass es  von Aussen fast so wirken mag, als bewegten sich die Handflächen nicht. Du gibst dabei Energie an das Universum ab für 5-10 Minuten.
  • Dann drehst du die Handflächen zur Erde.
    Wieder kreisen die Arme,
    doch nun anders herum.

    An den Körperseiten öffnen sich die Arme seitlich nach hinten, über vorne sammelst du die Energie in dein dantian, das Energiezentrum im Unterbauch, ein für 5-10 Minuten.
  • Zuletzt stehst/sitzt du 15 Minuten still.
    Beobachte, wie und wir lange die Übung
    nachklingt, wie sich deine Lebenskraft in dir bewegt. Geniesse es, in deinem eigenen Rythmus zu atmen und in deiner Mitte in heiterer Gelassenheit zu ruhen.

Für diese Übung liebe ich von Kamal das Album "Into Silence". Die Titel sind genau auf diese Übung abgestimmt mit der richtigen Länge. Die Stille endet mit einem sanftem "Pling". (Alternativ hat der Musiker Deuter ebenfalls  ein Album für diese Übung vertont: "OSHO Nadabrahma Meditation".)

 


15. November 2022

In die Winterruhe abtauchen

 

Nun ist er da. Der Winter kam in diesem Jahr mit fast frühlingshafter Wärme. Wir hääten ihm fast geglaubt, wenn nicht die Wildgänse über uns gen Süden gezogen wären. Sie haben mit ihrem rauhen Schreien hartnäckig den Winter angekündigt. 

Seit dem letzten Vollmond spüren wir es auch in den Knochen. Die Sonne scheint immer kraftloser und wird von Tag zu Tag fahler. Die Energie-Qualität, die wir jetzt in dieser Jahreszeit wahrnehmen, nennen wir in der chinesischen Medizin die Wandlungsphase des Wassers:

Während der drei Wintermonate verschliessen sich Himmel und Erde und fallen in das Ruhestadium der Speicherung. Wasser gefriert zu Eis, und in der Erde bilden sich Frostrisse. Die Yang-Energie der Natur verbleibt ungestört.

Es ist die Zeit des Yin, der Kälte, von Dunkelheit, Ruhe und Sammlung.  Die Bewegung der Lebensenergie in der Winterruhe ist minimal, sie beschränkt sich auf das Schützen und Wärmen des Inneren. Dann kann Regeneration stattfinden im Nicht-Tun.



Wir sollten jetzt im Alltag dieser Energie unsere Aufmerksamkeit und Zeit schenken. Statt Kommerzrummel und Adventshektik lautet das Motto zur Ruhe kommen und sich selbst pflegen.

Jetzt geht es um das Aushalten-Können der scheinbaren Widersprüchlichkeit des Lebens. Wir können weder auf die Logik noch auf die Mystik von jeweils einer Hirnhälfte ausweichen. Das Thema ist das tiefe Vertrauen. Das bedeutet auch, sich selbst Fehler zuzugestehen, statt sich arrogant zu erhöhen. Das ist alles andere als devote Erniedrigung, sondern freiwilliges, weises Nachgeben („Dein Wille geschehe!“). Es ist sogar die Aufforderung, sich weich und harmonisch zur Erde herab zu beugen und wie das Wasser abwärts zu fliessen.

Basierend auf Heiner Frühaufs englischer Übersetzung des Klassikers von Gao Lian, Zunsheng bajian, "Eight Pieces On Observing the Fundamental Principles of Life", sollten wir einige Hinweise beachten, damit wir die Energie des Winters förderlich für uns nutzen können:

Es ist die Zeit, früh zu Bett zu gehen und erst dann aufzustehen, wenn die wärmenden Strahlen der Sonne am Morgen erscheinen. Kälte sollte gemieden, die Wärme dagegen gesucht werden. 

Vorsicht ist geboten bei Massnahmen, die die Hautporen öffnen (wie Sauna, heisse Bäder, schweisstreibener Sport). Beachtet man dies nicht im Winter, besteht die Gefahr, das Netzwerk der Nieren zu verletzen.

Es ist das Beste, sich in ein gut isoliertes Zuhause zurückzuziehen, auf regelmässige Nahrungsaufnahme zu achten, und seine Kleidung den Temperaturen anzupassen. Man sollte nicht zu wagemutig werden und sich dem kalten Wind aussetzen. 

(den ganzen Artikel hier lesen) 


Diese Sätze erinnern uns daran, dass der Winter einst als Zeit der inneren Einkehr, Ruhepause und damit Zeit zum Regenerieren und Kräftesammeln geschätzt wurde. 

Das nächste Frühjahr kommt bestimmt. Dann heisst es nämlich, frisch gestärkt in Bewegung und Aktion kommen. Wer dann mit leeren Speichern startet, hat das Nachsehen.


2. November 2022

Räucherstäbchen

Die einen lieben den Duft. Die anderen hassen ihn und bekommen Atemnot, Hustenanfälle und Ekel - sogar zu recht!

Das ist sogar eine sehr gesunde Abwehrreaktion, mit der das hellwache Körperbewusstsein Alarm schlägt. Wenn uns etwas stinkt, tut es uns auch nicht gut. Dann geht das Nervensystem in höchste Alarmstufe.

Doch was ist nun mit den Räucherstäbchen? 

Zum einen müssen Räucherstäbchen richtig verwendet werden. Die bei uns bekannten, gängigen Stäbchen sind nämlich für den Einsatz draussen gedacht. Sie kommen meist aus Indien, aus Asien, wo vor den Tempeln gleich ein dickes Bündel entzündet wird. Aber dies passiert unter freiem Himmel! 


Hans Bernhard (Schnobby) CC BY-SA 3.0

Indische Räucherstäbchen

Diese Stäbchen erkennen wir am kleinen Bambusspan, auf den die eigentliche Duftpaste aufgebracht ist. Der Span bleibt am Ende übrig. Daher kann man diese Stäbchen auch gut einfach in die Erde/Blumentopf stecken. Das ist prima, um an lauen Sommerabenden mit rundum gesteckten Stäbchen die  Moskitos abzuhalten. 

Für die Anwendung in geschlossenen Räumen sind diese Stäbchen nicht geeignet.

Japanische Räucherstäbchen

Sie erkennt man sehr leicht am deutlich höheren Preis. Im Ernst, hier wird die pure Räuchermasse vorsichtig zu Stäbchen gerollt. Sie haben keinen Bambusspan, sondern bestehen als Ganzes aus Duftwerk. Qualitätiv liegen ebenfalls Welten zwischen diesen und den Billigstäbchen (auch wenn letztere bei uns wieder teuer verkauft werden im Vergleich zu den Produktionskosten in Fernost...) Sie sind durchaus für geschlossene Räume geeignet, auch wenn wir dennoch erst räuchern, dann kurz lüften.

Die Japaner passen meist auch nicht in die üblichen Halter, und sie brauchen ein feuerfestes Material, weil sie bis zum Ende durchglühen:


 

Früher war mein Lieblingshersteller Nippon-Kodo. Deren günstige Morningstar-Serie ist für Einsteiger und zum Verschenken toll, weil in jeder Packung gleich ein kleiner Keramikhalter dabei ist. Heute kaufe ich sie nicht mehr aus folgendem Grund:

Chemiecocktail statt teure Aromen

Die meisten Hersteller, sogar die berühmten Traditionsmarken in Japan, ersetzen heutzutage meist die teuren Aromen durch billige, synthetische Duftstoffen. Die echten Aromen sind nicht nur teuer, sondern werden immer rarer auf dem Weltmarkt.

Der Chemiecocktail, der sogar aus diesen Chemikalien gerade beim Verbrennen entsteht, der ist ziemlich sicher alles andere als gesundheitsförderlich! 

Sandelholz, Adlerholz (Oud), all diese Düfte sind heute wesentlich kostbarer als Gold. Dass von solchen Stoffen in den billigen Stäbchen nichts mehr zu finden ist,  wundert also nicht. 

Empfehlenswerte Räucherstäbchen

Es gibt einige, sehr wenige Hersteller, die auf künstliche Zusatzstoffe verzichten:

Der Aromatherapie-Experte aus der Schweiz, Fa. Farfalla, hat ein Kooperationsprojekt mit Tibet. Sie bieten den "indischen" Typ an, in vielen klaren Duftrichtungen der Einzelkräutern. In D am einfachsten über Violey zu beziehen: Link zu Farfalla-Räucherstäbchen

Shoyeido verspricht  ebenfalls, keine synthetischen Aromen zu verwenden. Selbst unter den edlen Japanern sind sie damit die einzigen. Auch sie sind unter dem Link zu Shoyeido-Stäbchen zu beziehen. Dort findet Ihr auch passende Halter. Die langen Stäble breche ich mir ein oder meist sogar zweimal durch. Das reicht für normale Räume völlig aus.


28. September 2022

Wärmezufuhr reguliert Fieber

 

Zunächst erscheint es paradox, Wärme zuzuführen, während die Körpertemperatur bei Fieber ansteigt. Das Warmhalten mit Bettwärme, Wärmflasche und Körnerkissen, sowie Wärmeanwendungen wie heisse und sogar ansteigende Fußbäder sind dennoch bewährte Hausmittel. 

In den Medizinsystemen des Nahen Ostens und Asiens finden wir über diese üblichen Massnahmen hinaus auch therapeutische Anwendung von gezielter Wärme. Hier wird "Gleiches  mit Gleichem" behandelt. 

Die dahinterliegende Idee ist, das Fieber nicht als lästiges Symptom zu sehen, das beseitigt werden muss. Symptome sind vielmehr die Heilmittel der Selbstheilungskraft.

Daten aus eine Forschungsarbeit der Universität Witten/Herdecke zeigen sogar, dass nach  Wärmeanwendungen teilweise die Körpertemperatur absinkt. Diese Entlastung kann dazu führen, dass man sich trotz Fieber etwas wohler fühlt und das Fieber nicht übermässig ansteigt. 

„Wir vermuten, dass Wärmeanwendungen den Körper in der energieintensiven und unangenehmen Phase des Fieberanstiegs entlasten. Schließlich muss der Patient oder die Patientin so weniger Wärme selbst produzieren, um den Infekt zu bekämpfen“, schreiben die Wissenschaftler.

Die Hinweise aus der Übersichtsarbeit werden am Lehrstuhl weiter erforscht. Das Projekt mit Studien zur klinischen Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Wärme und Fieber, läuft seit 2016. Die bisherigen Ergebnisse werden auf der Projektseite www.feverapp.de veröffentlicht, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert ist.

Wenn Sie als Eltern an der Forschung teilnehmen wollen, dann sprechen Sie ihren Kinder-/Hausarzt an, ob seine Praxis teilnimmt. Über diese bekommen Sie dann den Zugang  zum Projekt.

Quelle:
Pressemitteilung/Universität Witten/Herdecke,
Originalpublikation zur Übersichtsstudie:

Krafft, H. S., Raak, C. K., & Martin, D. D. (2022). Hydrotherapeutic Heat Application as Support in Febrile Patients: A Scoping Review. Journal of Integrative and Complementary Medicine 2022. https://doi.org/10.1089/jicm.2022.0565


 

8. September 2022

Vollmond im Herbst

 

Der volle Mond steigt an diesem Wochenende ungewöhnlich früh in den Abendstunden auf, als wolle er mit seinem Licht den Tag doch noch ein bisschen verlängern. 

Der herbstliche Vollmond ist einer der prächtigsten im Jahreslauf. Manche Vollmond-Nächte sind beinahe zu hell, um zu schlafen, wie der japanische Dichter Basho es treffend ausdrückt: 

 

Vollmond im Herbst.
Die ganze Nacht
bin ich rund um den Teich gegangen.

Susan Cipriano (pixabay, Creative Commons CC0)


Zu Vollmond wird die Energiequalität des Monats besonders sichtbar, sie verstärkt sich, so dass  wir sie wahrnehmen - gleich gültig, ob wir es bewusst tun oder es uns unbewusst geschieht. Dann kommen oftmals auch Themen ans Licht, die wir eigentlich weiterhin verborgen im Dunkel lassen wollten.

Die Alten haben den September-Vollmond mit Erntemond benannt. Die Ackerbauern waren ihm dankbar, in seinem Licht noch die letzten Dinge ernten zu können und das Land auf die Ruhephase des Winters vorzubereiten.

Dieser Mond beleuchtet eine Zeitspanne, in der nun auf der Nordhalbkugel Zeit ist, die sommerliche Wachstumsphase zu beenden. Es ist Zeit, allmählich zu entschleunigen, die Geschäftigkeit zur Ruhe kommen zu lassen. Über Winter, den der Herbst einläutet, gilt, sich wieder mehr nach Innen zu wenden.

Geniessen wir nun bewusst die letzte Üppigkeit, die die Natur uns schenkt.  Die Kelten nannten diese Phase Weinmond. Traubenkerne wurden in einen Kelch frisch gekelterten Traubenmost gegeben und an diesem Vollmond geleert. Dieses Trankopfer schenkte ihnen tiefes Vertrauen, dass auch im kommenden Jahr Wohlstand und gutes Gedeihen wachsen und reifen wird.  

Der Wachstumszyklus endete traditionell mit der Erntedankfeier. Wie immer wir heute Erntedank zelebrieren, sollten wir uns auf die uns entsprechende Weise Zeit und Raum geben, um die Fülle des Lebens dankbar anzunehmen und zu empfangen. Der Farbrausch und die Fülle der Natur spiegelt uns das im Äusseren. Es auch innerlich zu empfangen, ist unsere  Aufgabe.


25. August 2022

Die Essenz aller Dinge (Hestia Teil II)

 

Die Journalistin und Malerin Andrea Dechant hat Hestia wunderbar in Worten und mit einem Bild gewürdigt. Es lohnt sich, dem link zu artedea.net zu folgen und den ganzen Artikel zu Hestia bei ihr zu lesen. Hier folgt eine kleine Zusammenfassung:

Laut Plato bedeutet Hestia
die "Essenz aller Dinge":

Sie ist die Wächterin der innersten Dinge, weshalb sie -- zumindest in modernen Interpretationen -- auch mit dem inneren Licht, dem inneren Feuer jedes und jeder Einzelnen in Verbindung gebracht wird. 

Erst wenn der Herd oder die Feuerstelle eines Hauses der Göttin Hestia geweiht war, galt dieser Ort als heilig und wurde wirkliche Heimat. Sie verkörperte das Zuhause, die Weltmitte eines jeden Menschen. In matriarchalen Gesellschaften gilt der Herd für jedes Mitglied der Hausgemeinschaft als Nabel der Welt. Herd ist dabei ein anderer Begriff für Erde. Pythagoras betrachtete das Feuer der Hestia als Mittelpunkt der Erde.    

Hestia verwandelt mit ihrem Feuer die Zutaten einer Speise erst in Nahrung, ein magisch-alchymischer Vorgang. Beim Garen von Mahlzeiten tötet das Feuer Keime und wandelt schwer verdauliche Substanzen um, weshalb eine größere Bandbreite an Nahrungsquellen erschlossen werden konnte. Kein Mahl kann daher ohne ihre Segnung gelingen. Ihr brachte man daher am Herd immer etwas von der Mahlzeit als Weihegabe dar. 

Das Herdfeuer war und ist nach wie vor auch immer der Platz für weibliche Magie. Hestia hat damit im Alltags-Kult einen großen Stellenwert. Auch im Zentrum des Profanen, wie es Küchenarbeit ist, bleibt dem Feuer seine absolute Heiligkeit und magisch-transformierende Kraft erhalten.    

Hestia steht für das Heim als sicherer und schützender Rückzugsort, als Raum in dem Menschen nicht nur leben, sondern auch ihre heiligen Rituale abhalten, sowie für das Lebensfeuer, das in uns allen lodert. Bei allen Ritualen richtet sich daher auch die erste Weihegabe, das erste Gebet an Hestia. Im übertragenen Sinne kann das auch so ausgelegt werden, dass wir erst zu unserem inneren Frieden kommen, wenn wir die aufwühlenden Feuer zähmen, so wie es Hestia macht.

Hestia ist die einzige der olympischen Gottheiten, die wirklich niemals in Kriege oder Streitigkeiten verwickelt war. Sie verzichtet bewusst auf alle Verwicklungen der (olympischen) Welt und bewahrt sich damit auch ihren inneren Frieden. Ihr Feuer schenkt auch die Reinheit, die von dieser Göttin ausgeht. 

Die Tatsache allerdings, dass Hestia das Feuer nicht symbolisiert, sondern Hestia das Feuer IST, lässt allerdings auch wenig Spielraum für menschlich interpretierbare Liebesgeschichten. (nach A. Dechant)

Die Alten wussten noch um das Leben im Einklang mit den Rhythmen der Natur. Sie wussten, wann es gilt zu säen, zu hegen und zu pflegen und zu ernten. Sie wussten vom rechten Maß, von den Zeiten zum Schaffen und wann es gilt, die Hände ruhig in den Schoß zu legen.

Wir heute werden handlungsunfähig, weil wir ausgebrannt und erschöpft sind, obwohl Mutter Natur uns Fülle schenkt. Wir beuten sie rücksichtslos aus, weil wir nehmen ohne zurück zu geben. Phasen des Rückzugs sind lebenswichtig. Sie dienen auch zum Prüfen, ob wir innerlich noch lebendig sind. 

Das Prinzip der Hestia ist das Bewahren
und Schützen der Lebendigkeit in uns selbst!

 

Fang bei Hestia an!

Autor/-in unbekannt, CC0,
via Wikimedia Commons

 

So lautet ein griechisches Sprichwort. 

 

Nur wer weiss ausser den Griechen heute noch, wer Hestia ist? 


 

Willlkommen im Monat September. Seine Zeitqualität ist dem Symbol derr Jungfrau zugeordnet. Jeder Zyklus der Zeit lässt sich in 12 Segmente teilen, die jedes eine bestimmte Energiequalität tragen. Ohne den ersten, antreibenden Initialimpuls beginnt kein lebendiger Prozess. Dann wird aus einer Idee Realität, die sich zu bekörpern beginnt. So geht es in 12 Stufen weiter, über den Höhepunkt zum allmählichen Zerfall. Wenn ein Prozess zu Ende ging, kehrt man die Überreste zusammen, lernt aus den Fehlern, um dann, wenn die Zeit reif ist, neu zu beginnen...

Wenn wir heute Jungfrau hören, denken wir nahezu ausschliesslich an Sexualität, bzw. die kindlich-unschuldige Zeit vor dem Erwachen der Sexualität. Mit der Symbolik der jungfräulichen Göttin hat das recht wenig gemeinsam. 

Die Energie der Jungfrau spüren wir viel mehr im Alltag unbewusst, sobald uns schmerzlich bewusst wird, dass wir den Alltag nicht gebacken bekommen, bzw. die Dinge nicht verdaut bekommen. Verdauen bedeutet die Magie der Verwandlung. Es ist der Prozess der Alchemie im profanen Alltag, mit  der wir uns fremde Energie einverleiben und uns zu eigen machen. Das Korn, dass die große Mutter Erde uns mit der Ernte im Juli/August geschenkt hat, muss nun verarbeitet werden.

Ohne sich die Hände schmutzig zu machen geht es nicht, wir müssen schon handfest zupacken. Die Wandlung vom klitschigen Teig zum Laib geschieht dann in der  Glut des Gebärmutter-ähnlichen Ofens. Wie beim Backen braucht auch Verdauung von allem das rechte Mass und eine gute Beobachtungsgabe für den richtigen Zeitpunkt. Auch Magen und Darm brauchen genug Wärme, damit die Nahrung aufgeschlossen werden kann.

Das heilige Herdfeuer wurde in allen Kulturen gut gehütet. Hestia ist gut verborgen hinter dem Begriff der  "jungfräulichen Göttin". Ihre Priesterinnen waren einst hochgeachtet.  Solch wichtige Aufgabe konnte nur übernehmen, wer nicht abhängig von anderen war. Das ist die eigentliche Bedeutung von jungfräulich. 

Die gewöhnlichen Menschen sind abhängig, als Kind vom Vater, den Eltern, später vom Partner, den Kindern, vom Job, etc. Der göttliche Teil in uns, in Mann wie Frau, fordert uns auf, erwachsen und unabhängig zu werden. Wir müssen die Erwartungen loslassen, die wir aus dem Elternhaus übernommen haben, statt sie auf unsere Partner und Beziehungen zu projizieren.

Hestia, diese Göttin des antiken Griechenlands galt als so heilig, dass sie sich mit  Statuen nicht würdigen ließ. Auch ihr Name wurde selten niedergeschrieben, weil sie ohnehin allgegenwärtig war. 

Sie war die Hüterin des Allerheiligsten, des Herd- und Opferfeuers von Familie und Staat, das nie verlöschen durfte. Die erste und letzte Opfergabe gebührte stets ihr. Zu olympischen Zeiten wurde ihr noch vor Zeus geopfert.

Doch ist die stille, unscheinbare Hestia als Göttin wesentlich älter als das antike Griechenland. Es kann angenommen werden, dass sie seit jener Zeit  verehrt wurde, als die Menschen das Feuer nicht nur entdeckt, sondern eine zentrale Feuerstelle in ihren Zelten, Höhlen und Behausungen schürten.

Hestia ist die große Schwester, die Älteste der ursprünglichen, zwölf olympischen Götter. Sie gehört zu den jungfräulichen Göttinnen, die niemals der Macht Aphrodites unterlagen. Sie entschloss sich, unvermählt zu bleiben und schwor dies bei Zeus. Der erhörte ihr Flehen und überließ ihr den Ehrenplatz in der Mitte der Gesellschaft. Später hat sie ihren Platz freiwillig an Dionysos abgegeben. Auf dem Olymp war sie ohnehin nicht zu finden, und aus den olympischen Kabalen hielt sie sich stets abseits. 

Hestia gilt als die sanfteste und gütigste Göttin, deswegen hörten ihre Geschwister nur selten auf ihren Rat. Doch den Menschen war sie allgegenwärtig. Gemeinsam mit Hermes, dem Hüter der Türen und Tore, übernahm sie die wichtige Aufgabe, das Heim der Menschen und Städte zu schützen. Sie repräsentieren die archetypischen Ideen von Seele und Geist. Hermes ist der Geist, der die Seele begeistert und entflammt. Vor der Hausschwelle wacht Hermes mit seiner phallischen Säule, als Symbol der Fruchtbarkeit und des Windes, der das Feuer anfacht.

Im Inneren residiert Hestia im runden Herd, verbreitet wohlige Wärme, schenkt Nahrung und Segen. In dieser Aufgabe, den heimischen Frieden zu bewahren, geht sie ganz auf und widmet sich in aller Ruhe mit Hingabe der Kontemplation. Sie beherrscht jeden Ort ohne zu herrschen. Ihr Dienst geschieht im Hintergrund.

Sie ist der Archetyp der inneren Zentrierung,  geerdet, der ruhige Pol inmitten des Alltagstrubels. Ihr Symbol, der Kreis des runden Herdes, ist das Mandala, der Kreis des WuJi, der Ganzheit. 

Eine  lesenswerte Quelle ist "Die Göttin in jeder Frau"  von Jean Shinoda Bolen. Dieser Klassiker der jungschen Psychologin ist eindeutig geprägt vom Charme des Feminismus der Alt-68ger-Generation. Dennoch hat dieses Buch nichts an Aktualität verloren, sicherlich keine leichte Lektüre, sondern zum Zähne-Ausbeissen und An-Sich-Arbeiten.

 

15. August 2022

Randnotiz zur Entspannung

 

Neulich lag eine nette Randnotiz
einer Materialbestellung für Strickzeug bei.
Sie lautet:

Wußtest Du eigentlich schon,
dass Handarbeit viel mehr ist
als nur ein cooles Hobby? 

Handarbeit wirkt sich positiv auf unsere
geistige, körperliche und  seelische Gesundheit aus! 

  • Entspannung und Streßabbau
  • Blutdrucksenkung durch verringerten Cortisolausstoß
  • Gedächtnistraining und Demenzvorbeugung

Was für ein starkes Hobby!

Immer wieder empfehle ich deshalb, statt abends vor der Glotze zu hängen,  lieber mit Sockenstricken anzufangen. Das habe ich selbst ausprobiert, als ich vor vielen Jahren selbst massive rheumatische Schwellungen und Schmerzen in den Händen und Armen hatte. Da habe ich das Sockenstricken wiederentdeckt. 

Das klappt übrigens auch bei Männern: seit mein Schwiegervater  sockenstrickt, sind seine Hände wieder viel geschmeidiger geworden. Und die Familie freut sich über coole Socken.

Socken sind handlich klein, haben kaum Gewicht, was die Arme belasten würde. Socken sind beliebig knifflig oder ganz einfach. Auch die heutigen Stricknadeln  erleichtern das Werkeln. Statt Nadelspiel wird auf einer Rundnadel mit einem kleinen Trick sehr gelenkschonend gearbeitet.

Und perfekt passende Socken aus schönen Naturmaterialien  sorgen sogar für kuschlig-warme Füße in der kalten Jahreszeit. Sockenwolle ist heutzutage auch völlig anders als früher. Durch einen kleinen Kunstfaseranteil und hochwertiger Schurwolle/Baumwolle lassen sich selbstgestrickte Socken problemlos in der Waschmaschine waschen ohne zu verfilzen. Die Sockenwolle gibt es in faszinierenden Färbungen, dass kleine Kunstwerke ganz einfach entstehen, z.B. von Opal.


 

Schmerzlinderung durch sanfte Bewegung

Ob Schulterverspannungen oder Arthrose in den Händen, Stricken bringt steife Gelenke in Bewegung. Immer wieder 5 Minuten Sockenstricken lockert die Gelenke und bringt frische Durchblutung in Gang. Damit verbssert sich auch der Lymphabfluß und Schwellungen reduzieren sich.

Haltungstraining im Sitzen

Die Wirbelsäule ist wie beim QiGong  aufgerichtet, als würde ein himmlischer Faden den Scheitelpunkt sanft nach oben ziehen. Die Schultern nach hinten abwärts sinken lassen. Die Ellbogen hängen entspannt an den Seiten, während die Hände vor der Körpermitte beschäftigt sind. 

Mit 5 Minuten Strickdauer anfangen. Erst allmählich steigern. Wieder Pause machen lange bevor es zu Verspannungen kommen kann. Wie immer macht die Dosis  den Unterschied zwischen lockernder Bewegung und verkrampfter Belastung. 

Alles ist Übungssache

Auch Sockenstricken ist Übungssache. Vielleicht erinnern Sie sich ja noch, wie es geht? Probieren Sie verschiedene Techniken und Materialien aus. Manchmal handhabt sich eine dünne Nadel viel leichter, als die dicken. Oder Sie können die dicken besser greifen?

Soziale Komponente: gemeinsam stricken!

Oder Sie besuchen einen Kurs, bei der VHS, in einem Handarbeitsladen? Oder Sie fragen jemanden in der Familie, in der Nachbarschaft, ob es Ihnen jemand zeigen kann?  

Vielleicht haben Sie ja auch Lust, gemeinsam mit anderen zu stricken? Dann besuchen Sie doch einen Stricktreff, z.B. im Handarbeitsladen "umme Ecke" (wie die Geschenke-Werkstatt in Kleinenbroich).

Lust bekommen, gleich loszulegen?

Oder Sie arbeiten lieber für sich alleine?
Dann lernen Sie es doch einfach online:

http://www.sockentraum.tatting.de/Wunderschlinge.html
ist eine gute Schritt für Schritt-Anleitung, die man sich auch ausdrucken kann.
Das Prinzip wird hier in bewegten Bildern gezeigt:

 




Alternativ gibt es drei flexible Nadeln, sozusagen ein Mittelding aus dem Nadelspiel von früher und der Wunderschlinge. Der Nadelhersteller Addi gibt sehr detailliert Anleitung, sie natürlich  mit jedem beliebigen Nadeltyp gearbeitet werden kann: https://addi.de/story/sockenanleitung-trio/

Sockenanleitungen in allen Variationen

Bei drops finden Sie kostenlos detaillierte Anleitungen auf Deutsch und sogar jeweils mit kleinen Videotutorials. Von schlicht und einfach bis kleinen Kunstwerken, in beliebigen Größen, von kurzen Sneakerssöckle bis zu Overknees - und sogar meine geliebten 5-Zehensocken.


9. August 2022

QiGong ab September

 


Lang, lang ist's her, dass wir uns zuletzt gesehen haben. Ich hoffe, Ihr seid alle gut durch die letzten Monate gekommen. Ab September, wenn die Urlaubssaison vorbei ist, werden wir nach langer Pause wieder gemeinsam üben. Wer weitermachen mag, ist also herzlich willkommen.

Es wird zunächst zwei Gruppen
in Raderbroich geben:

Mittwochs, 20-21h
und
Donnerstags, 9-10h

Die Gruppen sind wie gewohnt, klein, intensiv ;-)
und
laufen über 10 Termine
bis Ende November für 120,-€ Beitrag.
 

Die Pause über  die Herbstferien sprechen wir in den Gruppen miteinander ab.  Den genauen Anfangstermin werde ich noch bekanntgeben. Wer  wieder mit dabei sein  mag, kann sich ab jetzt bei mir anmelden. (Wer schon weiss, wann er in Sept/Okt. nicht da ist, kann mir das gern beim Anmelden mitteilen. Dann kann ich schauen, wie es am besten passt.) 

Ob, wie und wann unsere Gruppe in der Physiotherapie Mechelinck wieder starten wird, klärt sich in den nächsten Tagen. Alternativ würde dieser Kurs sonst auch in Raderbroich Dienstags 20-21h stattfinden.


16. Juni 2022

Warum ich das Handy ausmache...

 

Wenn ich ins Theater gehe, mache ich das Handy aus. Das mache ich nicht, weil mir das jemand vorschreibt. Ich mache das, weil ein klingelndes Handy während der Vorstellung weder mir, noch allen anderen Besuchern gefallen würde. Es ist meine Entscheidung für eine gute Erfahrung.

Wenn ich einen Shiatsukurs besuche, komme ich pünktlich und bleibe bis zum Schluss. Das mache ich nicht, weil mir das jemand vorschreibt. Ich mache das, weil der Anfang und das Ende wertvolle Abschnitte der Gesamterfahrung sind und ich mich und die Gruppe nicht beschneiden will. Alle Menschen, die an einem Workshop teilnehmen, gehören zu der Gruppe und gestalten den Kurs gemeinsam, ob sie physisch da sind oder nicht.

Beliebigkeit hat seinen Platz in dieser Gesellschaft und jeder Mensch hat die Wahl, seine Prioritäten zu staffeln. Doch Disziplin ist ebenso eine Qualität, die wir im Shiatsutraining üben, wie z.B. Empathie.

Und es ist eine Entscheidung. Der Weg trennt sich mit der Entscheidung. Er scheidet sich in mehrere Möglichkeiten, von denen ich eine Einzige wähle.

Ich entscheide mich für Da Sein. Jetzt. 

Dann wenn es los geht. Wenn alle da sind und sich gemeinsam einem Thema widmen. Ich entscheide mich auch fürs da bleiben. Bis wir die gemeinsame Zeit gemeinsam auflösen und jeder seiner Wege geht. Ich werde somit zum wertvollen Mitgestalter und bewege mich raus aus der passiven Zuschauerrolle. Als Zuschauer habe ich eine unabhängige Haltung. 

Der Kinofilm läuft genauso ab, egal ob ich da bleibe oder früher gehe. Doch für die Gruppe der Kinobesucher macht es einen Unterschied, ob ich früher gehe oder bis zum Ende bleibe. In einem Shiatsukurs ist der Effekt noch viel größer.

Und all das hat eine übergeordnete Ebene. Meine Entscheidung für „Da-Sein“ hat Kraft. Es entspannt mein System. Es öffnet meine Wahrnehmung und mein Bewusstsein. 

Und genau das üben wir bei uns. Wir nehmen es mit in unsere Praxen, in unsere Beziehungen, in unser Leben.

(schreibt mein Kollege Rene vom KiCollege. Dort kannst Du die Kunst der  Berührung lernen, die zugleich auch die Pflege des eigenen Qi lehrt. Shiatsu ist auch Seiki ist QiGong ist Meditation..)

27. April 2022

Schuhe für gesunde Füße

 Was macht einen gesunden Schuh aus?

Was unsere Füße wirklich brauchen, sind also Schuhe, die eher aussehen wie Entenfüße. Viel Platz für den Vorderfuß und die Zehen in der sogenannten Zehenbox. Sie haben keinen Absatz, dafür eine weiche, flexible Sohle. So fühlen sich die Füße wie barfuß und können sich natürlich in ihrer Motorik bewegen.

Doch Vorsicht:
wer sich die ersten echten Barfußschuhe zulegt, sollte sie allmählich eintragen. In den ersten Tagen reichen 1-2 Stunden Tragedauer. Selbst das kann zu Muskelkater in den Zehen und der Fußmuskulatur führen. Auch die Sehnen müssen sich erst dran gewöhnen. Manchmal braucht es eine Anpassungszeit von mehreren Wochen und Monaten.

Barfuß-Schuhe

sind nicht immer Barfuß-Schuhe. Manchmal verbirgt sich unter dem Begriff ein normaler Schuh, beworben vom Hersteller zum Tragen ohne Socken... Fa. Merell vertreibt z.B. die Serie "glove", die jedoch nur für sehr schmale Füsse geeignet ist.

Viele "echte" Entenfüße fallen längst nicht immer als solche auf, wie die dänischen Öko-Klassiker der Fa. Duck-feet. Ein Sonderling auch unter den Barfüßlern sind sicherlich die (von mir so geliebten) Vibram-Five-Finger-Schuhe. Hier hat jeder Zeh seine eigene Box. Das sieht nicht nur lustig aus, sondern fördert vor allem sehr intensiv die Beweglichkeit des Fußes.

Echte Barfußschuhe zeichnen sie sich immer aus durch:

  • eine breite Zehenbox, in der auch Platz für die Zehen bleibt, wenn sich bei Belastung natürlich auseinander spreizen.
  • (alternativ für jeden Zeh eine eigene Box)
  • eine sehr flexible, relativ dünne Sohle
  • kein Absatz
  • atmungsaktives Material

Barfußschuhe findet man in speziellen Schuhgeschäften, meist nicht ganz billig. Fa. Leguano hat z.B. mittlerweile recht viele Filialen, auch in NE, D, KR. Andere Hersteller sind z.B. Fa. Wildling, Feelgrounds, Vivobarefoots. Gerade bei den teuren macht Sinn, verschieden Typen und Größen im Vergleich anzuprobieren.

Günstige Modelle, gerade auch für schnellwachsende Kinderfüße, hat Fa. Saguaro und Ballop. Es lohnt sich auch nach reduzierten Modellen Ausschau zu halten.

(Noch mehr gute Infos zum Vertiefen gibt es in diesem Artikel vom Outdoor-Spezialisten Fa. Bergzeit.)

 

Was Füße brauchen...

... ist Barfußlaufen

Damit es dabei auf kalten Böden keine Eisfüße gibt, und damit wir uns nicht an Scherben etc. verletzen, brauchen wir Schuhe.  

Schauen wir uns doch mal unsere Fuß an, wenn er barfuß auf dem Boden steht. Er ist vorne an den Zehen breiter als im Mittelfuß und an der Ferse. Doch fast alle Schuhe laufen nach vorne spitzer zu.

Die meisten Schuhe sind eine Zumutung für die Füße

Die Zehen werden vorne mehr oder weniger massiv, aber fast immer zusammengedrängt. Selbst Turnschuhe haben eine deutlich zulaufende Schuhspitze. Nicht ganz so einquetschend, aber durchaus beengend wirken sogar die meisten konventionellen Socken, die vorne ebenfalls enger zulaufen.

98 Prozent aller Menschen kommen mit gesunden Füßen zur Welt, aber nur noch 40 Prozent haben gesunde Füße, wenn sie erwachsen sind, laut Dr. Kinz. Der Sportwissenschaftler hat sich an der Uni Salzburg mit dem Thema Kinderfüße und -schuhen beschäftigt. Auf vergleichenden Röntgenbilder eines Kinderfußes sieht man sogar einen deutlichen Unterschied nur durch einen normalen Socken! Selbst der weiche Socken zwängt die Zehen sichtbar zusammen.

Gelenkschmerzen, Muskelverkürzungen, Durch-blutungsstörungen und Probleme mit dem gesamten Bewegungsapparat von Fuß bis Nacken sind die Folgen. 

Fehlkonstruktion

Ein einfacher Test zeigt uns, wie fehlkonstruiert die meisten Schuhe für unsere Füße sind. Wir können die lose Innensohle aus dem Schuh rausnehmen und auf den Boden legen. Oder wir drehen einfach den Schuh um. Dann stellen wir unseren nackten Fuss drauf. Wetten, dass ein Teil des Fußes seitlich übersteht? Schlüpfen wir in diesen Schuh hinein, werden die Zehen ordentlich eingequetscht.

Das englischsprachige Video eines Kollegen aus Übersee beschreibt es sehr anschaulich:


Ein mieser Absatz

Über die ungesunde Wirkung des Absatzes habe ich bereits schon einmal einen Beitrag geschrieben. Er heisst nicht umsonst "Absatzschuhe, der erste Schritt auf dem Weg zu Rücken- und Kopfschmerzen". Mit Absatzschuh ist kein hochhackiger Pump gemeint, sondern sogar der flache Turnschuh mit kleinem Keilabsatz!  

Einlagen, meist nur eine teure Auslage ohne Sinn

Haben wir schon Fußbeschwerden, bekommen wir vom Orthopäden manchmal Einlagen verschrieben. Die machen es selten besser, aber oft schlechter. Denn einerseits werden die in die gleichen ungesunden Schuhe eingelegt. Die bereits degenerierte Muskulatur wird durch die Einlage keineswegs trainiert und gefördert. Im Gegenteil, die Schwäche wird verstärkt.

Flip = mieser Flop

Mit dem Sommer beginnt die Flip-Flop-Saison. Leider sind die ein totaler Flop. Schön ist zwar der Platz für die Zehen. Aber leider muss bei jedem Schritt der Fuss krampfhaft den Schuh festkrallen, damit das Ding nicht verloren geht. Für den Fuß und die Wade wird jeder Schritt ein Krampf.

Das gleiche Problem haben auch viele Riemchensandalen und "Gesundheitsschuhe". Gute Zehensteg-Schuhe, wie z.B. von Fa. Birkenstock,  werden deswegen über einstellbare Riemchen fixiert.

Regeneration der Füße

Das Gute ist, dass auch die Füße zur Regeneration fähig sind. Jeder Schritt mit anatomisch korrektem Ablauf bringt den Fuß wieder zur Gesundheit zurück. Selbst ein schon verknöchert-verformter Hallux kann sich manchmal durch Training einer guten Fußmotorik, gerade auch mit und "Abstandshaltern", plus gutem Schuhwerk (teil-)regenerieren. Ein OP wird dann sogar oft unnötig.

5-Zehenspreizer aus Silikon (z.B. "Relax" Fa. Credo, über DM) kosten wenig und entspannen, dehnen und stimulieren behutsam die Zehen. Auch hier reagiert jeder Fuß anders. Für manche entlasten die Spreizer sogar beim Gehen und vermindern Reibung und Scheuern bei jedem Schritt im Alltag. 

Manche Füße haben anatomisch wenig Platz zwischen den Zehen, die durch den Spreizer stark gedehnt werden. Dann sollte auch der Spreizer anfangs nur kurzzeitig getragen werden. Die Tragedauer sollte dann nur allmählich gesteigert werden. 

Zehensocken wirken ergänzend sanft, aber umso effektiver im Alltag. Auch sie sorgen für mehr Abstand zwischen den Zehen. Anfangs ungewohnt, bringen diese Socken mehr als nur einen lustigen, ungewohnten Anblick. Leider sind sie meist recht teuer. Wie wäre es mit selberstricken? Hier gibts die Anleitung!

Was macht also einen fußgesunden Schuh aus?

Was unsere Füße wirklich bauchen sind Schuhe wie Entenfüße. Viel Platz für den Vorderfuß und die Zehen in der sogenannten Zehenbox. Sie haben keinen Absatz, dafür eine weiche, flexible Sohle. So fühlen sich die Füße wie Barfuß und können sich natürlich in ihrer Motorik bewegen.

Doch Vorsicht: wer sich die ersten echten Barfußschuhe zulegt, sollte sie allmählich eintragen. In den ersten Tagen reichen 1-2 Stunden Tragedauer. Selbst das kann zu Muskelkater in den Zehen und der Fußmuskulatur führen. Auch die Sehen müssen sich erst dran gewöhnen. Manchmal braucht es eine Anpassungszeit von mehreren Wochen und Monaten.

 


14. März 2022

Lesetip: Seven Life Lessons of Chaos

 

Der Physiker  F. David Peat und der Journalist John Briggs sind ein bewährtes Gespann, um schwierige Theorien anschaulich zu erklären. Ihr Klassiker ist "Die Entdeckung des Chaos: Eine Reise durch die Chaos-Theorie", Erstveröffentlichung 1989. Für mich war dieses Buch der Grund, die Fachrichtung Strömungslehre und dynamische Systeme zum Schwerpunkt zu machen. 

Bis heute beschäftige ich mich damit, nun am dynamischen System Mensch. Denn die Chinesische Medizin hat all die Phänomene bereits vor 2000 Jahren ebenfalls sehr anschaulich beschrieben.

Seven Life Lessons of Chaos:
Spiritual Wisdom from the Science of Change

ist 1999 zuerst erschienen. (Es gab sogar eine deutsche Übersetzung, "Chaos - Abschied von der Sehnsucht, alles im Griff zu bekommen", die nur noch antiquarisch erhältlich ist. Das amerikanische Original liest sich jedoch auch für Laien gut.) Auch dieses Buch hat nichts an Aktualität verloren.

Die Autoren übertragen konsequent die Prinzipien der Chaosforschung in die Alltagswelt. Sie beschreiben sehr anschaulich, wie die Welt der modernen Rationalität versucht, die Kontrolle um jeden Preis zu bewahren. Doch wir alle haben oft genug erfahren, wie wenig das gelingt. Wir erleben es im Privaten. 

Wir erleben es in der Wissenschaftswelt. Denn sogar die Chaosforschung ist nichts anderes, als die Suche, die Sucht, die versteckten Gesetzmässigkeiten und Regeln zu entlarven, die uns helfen sollen, das Unvorhersehbare vorauszusagen. Doch das Chaos bricht keineswegs aus, es bedroht keineswegs unsere ordentliche, strukturierte Alltagswelt. Schöpferisches Chaos ist der Normalzustand. Wir leben mittendrin im Ozean des chaotischen Lebens, auch wenn wir auf winzigen Inselchen der Ordnung sitzen.

Wir erleben es noch mehr in der Medizin, wie wenig Kontrolle wir selbst über unkomplizierte Symptome haben. Denn Heilung ist etwas anderes, als Kontrolle zu bewahren. Symptome fordern uns auf, offener und flexibler zu werden und gewohnheiten zu verändern. Das bedeutet, uns auf Chaos einzulassen, statt es vehement abzuwehren. 

Die letzten Blog-Beiträge als Zusammenfassung in meinen Worten gaben schon einen Vorgeschmack auf die Lektüre. Es lohnt sich zu lesen, auf den Sätzen rumzukauen, darüber nachzudenken, sich im Alltag zu beobachten und neue Wege zu entdecken:

If you have ever felt your life was out of control and headed toward chaos,science has an important message: Life is chaos, and that's a very exciting thing!

In this eye-opening book, John Briggs and F. David Peat reveal seven enlightening lessons for embracing the chaos of daily life.

Be Creative:
engage with chaos to find imaginative new solutions and live more dynamically

Use Butterfly Power:
let chaos grow local efforts into global results

Go With the Flow:
use chaos to work collectively with others

Explore What's Between:
discover life's rich subtleties and avoid the traps of stereotypes

See the Art of the World:
appreciate the beauty of life's chaos

Live Within Time:
utilize time's hidden depths

Rejoin the Whole:
realize our fractal connectedness to each other and the world

Life is impossible to control - instead of fighting this truth, Seven Life Lessons of Chaos shows you how to accept, celebrate, and use it to live life to its fullest.

 

Shui dao, der Weg des Wassers

 

Wir brauchen schöpferisches Chaos!

Die erste Lektion, die uns die Romantiker hinterlassen haben, lautet, dass wir alle Zugang zum kreativen Chaos haben. Wir alle sind in der Lage, unser Ego für eine Weile sterben zu lassen und in die Tiefen des Chaos zu tauchen, aus dem ständig neue Formen und Strukturen heraufsprudeln.

Die größte Leistung unseres schöpferischen Intellekts erbringt er keineswegs in Kunst oder Wissenschaft. Sie liegt in der alltaglichen Kunst des spontanen Handelns, mit der wir unsere Gesellschaft zusammenhalten. Doch im Gegensatz zu diesem Satz fühlen sich die meisten von uns eben nicht kreativ. Die meisten blocken die schöpferischen Aktionen ständig ab. Wir verlieren uns selbst in unserer Obsession nach Kontrolle und Macht; in unserer Angst vor Fehlern; lassen uns vom Ego fast erwürgen; trauen uns nicht aus der Bequemlichkeit der Komfortzone; einen Genuss nach dem anderen abgestumpft konsumierend. 

Das ist alles andere als ein Zustand von Freiheit und Wahrheit!

Doch sobald wir unseren Blick weiten, öffen für die Welt jenseits der Scheuklappen, erleben wir die Wahrheit, werden wir schöpferisch und frei. Hier finden wir unser wahres Selbst.

Shui dao, der Weg des Wassers

So wie Wasser sich mäandernd seinen Weg durch die Landschaft sucht und  schafft; wie es sich den Gegebenheiten anpasst; die großen Felsbrocken umfliesst, die kleinen Steine zu seinem Bett verschiebt und die weiche Erde formt - das ist der Schlüssel!

Schöpferische Aktivität macht sich zunutze, was verfügbar ist. Es organisiert sich selbst, passt sich an wie Wasser. Das müssen wir Menschen lernen.

Meist lassen wir diese schöpferische Würdigung der Lebenskraft nur dann zu, wenn in unserem Leben enorme Unsicherheit überhand nimmt. Doch sie existiert in jedem Moment. Wir können jetzt sofort sterben und loslassen: all die Vorurteile, mechanischen Verhaltensweisen, die Isolation, das uns teuer gewordene Ego, unser Welt- und Selbstbild, die Vorstellung von unserem Leben und der Zukunft.

Was für die Raupe das Ende der Welt bedeutet,
ist für den Rest der Welt ein Schmetterling. (Laozi)

Dann, nur dann, kann im Prozess des natürlichen Stirb und Werde etwas Neues wachsen, vielleicht eine Überraschung, sogar etwas Einzigartiges. Doch darum geht es nicht zwingend. Tatsächlich braucht Kreativität das  Eintauchen in das Chaos, um etwas Bekanntes wiederzuentdecken.  Plötzlich erkennen wir im Alltäglichen die Wiederkehr von neuen Möglichkeiten, die Frische jeden Morgens, die wir schon so lange nicht mehr wahr genommen haben.


Kreativität im Fluß des Chaos

 

Menschen, die sich in kreativen Bereichen engagieren, unterscheiden sich von den meisten Menschen ihrer Gesellschaft in ihrer Haltung gegenüber Fehlern, Irrungen und Wirrungen, Chancen und Scheitern. Der Grund ist ihre Bereitschaft, eher sogar ihre Sehnsucht ins Chaos des Lebens einzutauchen.

Jeder Künstler kennt den entscheidenden Punkt, wenn sich im wohlorganisierten Schaffensprozess plötzlich eine Weggabelung ergibt, ein Fehler, ein Tropfen Farbe daneben ging: ein Moment, ein Samenkörnchen  der Wahrheit, die sich verstärken kann. Dann beginnt eine Entwicklung der Arbeit in eine Selbstorganisation. Dann entsteht ein ganz anderes Ergebnis, als wenn unsere gewohnte Haltung gegenüber Fehlern und Missgeschicken uns in Scham oder Kontrollsucht  festhalten.

Dann kommen wir in Fluß im Schaffensdrang, in dem das normale Selbstbewusstsein sich auflöst, als raum- und zeitlose Phase der reinen Vertiefung in den Prozess, die uns geschieht, mit intensiver Klarheit über jede Aktion ohne jewede Angst vor dem Scheitern. 

Dies beschreibt das Yijing als qian, das Kreative. Hier begegnen wir wieder dem Bild des himmlischen Drachen, voller elektrischer Ladung, mit dynamischer Wucht und Macht wie ein Gewitter. Im Kommentar wird qian beschrieben: "Diese Energie ist grenzenlos im Raum und drückt sich als Bewegung aus."

Sich dem Fluß des Lebens hingeben, offen, ohne Begrenzung:

Genau das braucht ein Künstler. Um diese Offenheit zu bewahren, bedient er sich der poetischen und literarischen Metaphern, der Ironie, der Mehrdeutigkeiten -- eben all den Techniken, die einen Leser so nerven, der nach klaren Antworten sucht, der eine eindeutige Moral erkennen will, der Sicherheit braucht.

Das ist der Unterschied zwischen dem realitätsgetreuen, detaillierten Photo eines Seerosen-Teiches  und dem impressionistischen Gemälde eines Monets. 

Le bassin aux nymphéas, Claude Monet (gemeinfrei)


Das Gemälde ist unscharf, es spiegelt die Stimmung und die erzeugten Emotionen des Malers  wider, die ihm wichtiger als Details sind. Doch welche braucht er, um den Sinn auszudrücken? Welche lenken den Blick des Betrachters nur vom Wesentlichen ab?


Die Macht unserer Kreativität

Um das Leben zu userem persönlichen Meisterwerk zu gestalten, brauchen wir die Kraft der Kreativität. Bei diesem Wort denken wir meist an die Arbeiten von Künstlern, Malern, Bildhauer, Musiker, Schriftsteller. Wir meinen ein Künstler müsse immer etwas Neues, nie da gewesenes erschaffen.

Die Kreativität der Natur

Im antiken China waren die mystischen Drachen das Sinnbild für kreative Macht. Auf dieser antiken Zeichung erscheint der der Hüter des kreativen Chaos aus einem Wirbel in den Wolken.

 

Ausschnitt aus Neun Drachen von Cheng Rong (public domain)
 

Heutzutage repräsentiert die moderne Chaosforschung die Kreativität der Natur. Sie versucht zu beschreiben, wie die Natur neue Formen und Strukturen hervorbringt, aber ebenso ihre Unordung und Unvorhersehbarkeit.

Für uns menschliche Tiere auf Mutter Erde bedeutet Kreativität über das hinauszuwachsen, was wir wissen - oder meinen zu wissen. Wir sollen die Wahrheit erkunden, die dahinter steckt. Und genau hier kommt das Chaos hereingeschwappt.

Meist erzeugen die Denkgewohnheiten, unsere Konditionierungen, Domestizierungen, die angenommenen Wahrheiten über unser "Wissen" über Gott und die Welt in Wirklichkeit eine Menge Verzerrungen, Illusionen und Selbsttäuschungen. Noch wichtiger, all die Meinungen und "Fakten" verbergen die tiefe, echte Wahrheit über unsere individielle Erfahrung des Lebens in dieser Welt.

Doch was ist Wahrheit? 

Allein diesen Begriff authentisch zu verwenden, fällt uns schon schwer. Viele Menschen meiden ihn lieber. Zu oft wurde eine Wahrheit fanatisch aufgezwungen, die sich letzlich als falsch herausgestellt hat. Wieviele Leben haben diese Dogmen schon gekostet und kosten sie immernoch... 

Die Wahrheit, die wir hier meinen, die kann von niemandem aufgezwungen oder besessen werden. Es ist keine fixierbare Tatsache, sie ist nicht statisch, kann nicht in Worten beschrieben, nicht durch Logik abstrakt erdacht werden. Wir können ihr nicht zustimmen oder sie gar ablehen. 

Diese Wahrheit hält uns zusammen. Jeder von uns muss für sich selbst herausfinden, welche Bedingungen und Regeln die Wahrheit für das persönliche Leben stellt. Chaos und Wahrheit sind miteinander verbunden. Leben wir mit kreativen Zweifeln und mit unseren Unsicherheiten, dann betreten wir  die Welt des schöpferischen Chaos von Mutter Erde. Dort entdecken wir die Wahrheit des Universums, des dao, das nicht mit Worten zu beschreiben ist. 

Dann betreten wir die Welt der langen, dunklen Nacht der Seele, reisen wir wie die Helden alter Mythen in die wilden Lande, begeben uns auf Visionssuche in Dunkelheit, Chaos, begenen dem Tod, den Göttern und verborgenen Mächten. Genau so beschreiben die meisten alten Kulturen die Reise durchs Leben zur Heilung, zur Ganzwerdung, zur Weisheit. 

Dazu müssen wir lernen loszulassen: 

Nämlich gewohnte Denkstrukturen hinter uns lassen. Wir begeben uns ins Neuland, damit eine schöpferische Regeneration, Neugeburt unseres Selbst möglich wird.

Die Weisheit, die wir suchen, liegt in uns

Nehmen wir uns ein paar Atemzüge Zeit und spüren wir der Wahrheit dieses Satzes nach!

(aus Don Jose Ruiz, "Wisdom of the Shamans: What the Ancient Masters Can Teach Us about Love and Life ")
 

Unsere Lebensaufgabe ist, Zugang zu unserer inneren Weisheit zu finden. Es ist keineswegs Zufall, dass vor 2500 Jahren ein Mann 40 Tage und Nächte unter einem Feigenbaum saß, bis er seine wahre Natur erkannt hat. Als er zu seinen Freunden zuruckkehrte, war er tief verwandelt. Seine Anwort, was mit ihm geschehen sei, lautete:

”Ich bin erwacht.“
(Das Wort für ”erwacht“ in Pali lautet Buddha.)

Bücher, Rituale, Techniken, Meister und Gurus können uns dabei nur als Wegweiser helfen, um das Wissen zu entdecken, das aus unserer eigenen Tiefe stammt. Jeder muss seinem eigenen Weg folgen. 

Daher unterscheiden sich auch die Wege aller voneinander. Denn ein Jeder muss seine individuelle Weise finden, um seine Heil- und Lebenskunst zu entwickeln. Das Dao drückt sich in jedem von uns auf spezielle Weise aus, so dass wir auf diesem Weg zugleich Schüler und Lehrer sind. 

Wir alle sind als Lebens-Künstler geboren. Jeder Mensch wird geboren, um seine eigene Lebensgeschichte kunstvoll zu gestalten und zu vollenden. Wir sind eingeladen, das Leben als unser persönliches Meisterstück zu gestalten. Alles, was uns im Leben begegnet, können wir nutzen, um unser individuelles Kunststück der Freiheit zu erschaffen.

Wann, wobei bist Du aus ganzem Herzen voll dabei?
Was macht für Dich Sinn,
um Deine Lebensenergie voll und ganz einzusetzen?
Worin bist Du einzigartig? 
Was kannst Du besonders gut
(vielleicht auch laut anderen)?