24. Juli 2013

Chinesische Heilkräuter mit Pestiziden belastet


Stellungnahme zur Greenpeace-Studie
„Chinesische Heilkräuter in Deutschland mit Pestiziden belastet“

Centrum für Therapiesicherheit in der Chinesischen Arzneitherapie (CTCA),
Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur (DÄGfA),
Deutsche Wissenschaftliche Gesellschaft für TCM (DWGTCM),
Societas Medicinae Sinensis (SMS)


Greenpeace veröffentlichte kürzlich eine Studie zur Qualität chinesischer Arzneidrogen. Diese beinhaltete eine Untersuchung auf Pestizidrückstände von 7 verschiedenen Drogen, von welchen Proben aus verschiedenen westlichen Ländern getestet wurden. Für Deutschland wurden 5 Proben untersucht. Das Resultat: „In Deutschland hat Greenpeace 38 unterschiedliche Pestizide in gerade mal fünf Proben gefunden. In 23 Fällen lagen die gefundenen Rückstände über der gesetzlichen Höchstmenge.“ Da gibt es nichts zu beschönigen! Die Werte für die anderen Länder sahen nicht besser aus (zum Originalartikel).

Die Studie sorgte für einige Irritationen unter TCM-Therapeuten und in der Öffentlichkeit.

Sind die gefundenen Werte für in Deutschland vertriebene chinesische Arzneidrogen repräsentativ?

Lydia Buhn, die als PTA in der TCM-Abteilung der Friedrichstadt-Apotheke in Berlin arbeitet, hat die Details der Greenpeacestudie für Deutschland dankenswerterweise recherchiert. Danach stammten die 5 Proben aus Deutschland sämtlich von der Firma Three Coconut Tree. „Three Coconut Tree ist in Deutschland und Europa gemeldet. Die Anmeldung bzw. Registrierung finden Sie hier: Handelsregister tmdb.de. Eingetragen ist die Firma als ein Tochterunternehmen der AsRopa Food GmbH, einem Lebensmittelhandel. Außerdem sieht man bei tmdb.de, dass die Three Coconut Tree für viele Produktarten eintragen ist, nicht jedoch für pharmazeutische Produkte. Die Firma vertreibt hauptsächlich Lebensmittel über China-Supermärkte in Deutschland und Europa, sowie bei amazon.de oder indomarkt.de.“

Wir stellen damit fest: Die Firma Three Coconut Tree ist eine Firma aus dem Lebensmittelhandelbereich, die natürliche Produkte vertreibt, die unter dem Label Lebensmittel laufen. Bei den getesteten Produkten handelt es sich um folgende: Gojibeeren, chinesische Datteln, Lonicera (Pflanzenteil nicht genannt, vermutlich Blüten), Bulbus Lili und Chrysanthemum (Pflanzenteil nicht genannt, vermutlich Blüten). Diese Produkte können sowohl als Arzneimittel wie auch als Lebensmittel Verwendung finden. Falls sie mit der Zweckbestimmung zur Heilung oder Linderung von Krankheiten vertrieben werden, handelt es sich um Arzneimittel, die, wenn sie mit verkehrsüblichen deutschen Namen vertrieben werden, unter die Ausnahme¬regelung von der Apothekenpflicht fallen könnten. Im Internet ist die Firma Three Coconut Tree derzeit aber nur mit reinen Lebensmitteln, wie Reis oder Zitronenblättern zu finden. Ob die potenziell auch als Arzneimittel Verwendung findenden Pflanzenprodukte nach Erscheinen der Greenpeace-Studie evt. gelöscht wurden, kann nicht mehr nachvollzogen werden. In jedem Fall kann man sagen:

Resümee

Die Produkte der Firma Three Coconut Tree haben mit der Praxis der Chinesischen Arzneitherapie in Deutschland so gut wie nichts gemeinsam. Kaum ein deutscher TCM-Therapeut dürfte diese Firma kennen, geschweige denn seinen Patienten empfehlen. Warum Greenpeace ausgerechnet und allein Produkte von dieser Firma für den Test auswählte, ist nicht nachvollziehbar.


Soweit Naturprodukte für Heilzwecke eingesetzt werden, sind sie nach der Gesetzeslage Arzneimittel, die ganz überwiegend unter die Apothekenpflicht fallen. Ein Vertreib von Arzneimitteln außerhalb von Apotheken ist in Deutschland (bis auf wenige Ausnahmen) illegal. Die Apotheken sind staatlich verpflichtet, für jede von ihnen vertriebene Charge, soweit es sich nicht um Fertigarzneimittel handelt, Zertifikate von anerkannten europäischen Laboren vorzuhalten, die die Unbedenklichkeit hinsichtlich Pestizidrückständen, Schwermetallgehalte und (für bestimmte Produkte) der Aflatoxinbelastung belegen. Zusätzlich muss die Identität geprüft werden. Das Einhalten dieser Verpflichtungen wird von den Behörden überprüft.

Seriöse Therapeuten und Gesellschaften für Chinesische Medizin empfehlen seit jeher den Bezug von Rohdrogen und Granulaten ausschließlich über spezialisierte Apotheken.

Die letzten veröffentlichten Überprüfungen von Pestizidrückständen in chinesischen Arzneidrogen für Deutschland, die uns bekannt sind, liegen schon länger zurück und stammen vom Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker in Eschborn [1,2]. Dabei fand sich eine einzige mäßige Überschreitung eines Pestizidgrenzwertes. Allerdings fielen in einigen Fällen überhöhte Schwermetallgehalte auf. Es ist davon auszugehen, dass sich die Qualität der Drogen inzwischen im Zuge wachsender Sensibilitäten von verschiedenen Seiten eher verbessert als verschlechtert hat. Nach unserer Einschätzung kann man sich in aller Regel auf die Qualität spezialisierter deutscher Apotheken verlassen. Da es aber auch schwarze Schafe geben kann, ist die Wahl der Apotheke Vertrauenssache. Im Zweifelsfall sollte man sich die Zertifikate bestellter Ware zeigen lassen. Bei auffallend niedrigen Preisen ist Skepsis angebracht. Wer chinesische Arzneidrogen oder Granulate außerhalb von deutschen Apotheken* bestellt, geht ein erhebliches Sicherheitsrisiko ein, von dessen Ausmaß die Greenpeacestudie einen Eindruck vermittelt.


[1] Ihrig M, Ali SL. Qualität von Drogen der Traditionellen Chinesischen Medizin (2001).
Pharm Ztg 146(43): 416-22
[2] Ihrig M et al.. Qualitätsmängel bei TCM-Drogen (2004). Pharm Ztg 149: 3776-84

*In der Schweiz gibt es auch staatlich lizenzierte Lieferanten, von denen auch aus Deutschland bestellt wird, die den gleichen Qualitätsnormen unterliegen wie deutsche Apotheken.