13. Januar 2020

Winterlicher Vitamin D-Mangel


Wohin man hört und liest (und das muss noch nicht mal eines der kostenlosen verkaufsfördernden Industrieblättchen für ältere Patienten sein) sein, leidet mindestens jeder Zweite unter Vitamin-D-Mangel. Auch Autoimmunerkrankungen und Depressionen sollen auf Vitamin-D-Mangel zurückzuführen sein, und es soll bei vielen Krebsarten eine Rolle spielen. 

Am besten gleich Tabletten nehmen..?

Halt!
So einfach ist das nämlich nicht! 

Mit der medikamentösen Ergänzung ist es leider nicht einfach getan, weil wir nur eine Vorstufe schlucken können. Bei diesem Vitamin handelt es sich nämlich eigentlich um ein Hormon. Per Tablette können wir nur eine Vorstufe zuführen. Das eigentliche Hormon muss der Körper selbst bilden. Für die Bildung spielen vor allem Sonnenlicht, aber auch Alter und Gesundheit von Leber und Niere eine entscheidende Rolle. 

Ohne Sonne keine Verwandlung in die aktive Form

Dazu braucht der Organismus natürliches UVB-Licht. Hier liegt die Betonung sogar auf natürlich. Solarium als Ersatz liefert nicht das dafür benötigte Vollspektrum. Die Wirkung des Sonnenlichts auf den Menschen lässt sich auch nicht nur auf die Vitamin-D-Bildung reduzieren. Ebenso ist die innere Regulation im Körper stark sonnenlichtabhängig, nicht nur von Hormonen. Auch der Schlaf-Wach-Rhythmus, der ebenfalls für das Immunsystem, aber auch für das Lernen und die Konzentration von großer Bedeutung ist, wird durch die Aufnahme von Sonnenlicht durch das Auge angeregt. 

Am meisten gefährdet von einem Mangel sind  all diejenigen, die sich generell zuwenig im Freien aufhalten, z.B. gehbehinderte Patienten in Kliniken; Menschen, die nur Nachtschichten arbeiten oder auch stubenhockende  Computer-Kids/Nerds.

Die Sonnenintensität und -dauer im Winter ist aber schwach, und wir mögen jetzt auch nicht gern mit freiem Oberkörper im Garten sitzen, brrrr... - haben wir also alle einen Mangel im Winter?

Definition eines Mangels?

Die Laborwerte beziehen sich auf einen jahreszeitlich konstanten, künstlich definierten Idealwert. Aber selbst bei gesunden, gut versorgten Menschen schwankt der Wert im Lauf der Jahreszeiten. Normal und "gesund" ist sogar, zum Ende des Winters um Februar die niedrigste Werte zu haben. Darauf ist unser Körper auch eingerichtet, denn er speichert sich die Vorstufe in den Sonnenmonaten für den Winter. Deswegen haben wir nicht alle gleich Mangel im Winter und schon gar keine Mangelerscheinungen. Das macht es allerdings auch schwer, genaue Aussagen über den tatsächlichen Bedarf zu machen. 

Der ist zusätzlich auch von anderen Faktoren abhängig, z.B. von der Qualität der Ernährung, dem Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen.  Die Normwerte eignen sich also nur zur groben Orientierung. Schon gar nicht muss jeder, der etwas unter dem Normwert liegt, gleich Tabletten nehmen sollte. 

Richtig ist vielmehr, dass die meisten Menschen, die über einen ausreichend hohen Vitamin-D-Spiegel verfügen, zumeist auch einen wesentlich gesünderen Lebenrhythmus  und Lebensstil haben mit ausreichend Bewegung an frischer Luft und ausgewogener Ernährung.

Viel wichtiger ist also, den erniedrigten Laborwert als Anregung zu nehmen, seine Gewohnheiten zu ändern und öfters raus in die Sonne zu gehen, sowie seine Ernährungsgewohnheiten zu überdenken. 

Mangel-Ernährung? 

Denn alle vom Körper benötigten Vitamine, Mineralien und Vorstufen nehmen wir am effektivsten über frisches Gemüse auf. Bei allen Diskussionen um die Qualität von bio- oder konventionellem Anbau, und ob das Gemüse noch dieselbe Menge an Vitalstoffe enthält wie früher - die meisten Menschen essen schlicht zuwenig frisches Gemüse der Saison und Region!

Frisches, regionales Gemüse ist im Winter hierzulande sicherlich nicht sehr abwechslungsreich. Aber gerade die typischen Wintergemüse wie Kohl, Grünkohl und Sauerkraut enthalten sogar ein wenig Vitamin-D-Vorstufe. Ansonsten ist Vitamin-D-Vorstufe auch in Eigelb, Butter und Milchprodukten enthalten, die es bei uns das ganze Jahr gibt. Sie sollten allerdings nicht im Übermass verzehrt werden, schon gar nicht aus Angst vor Vitamin-D-Mangel. 

Zusammen mit den  empfohlenen drei Gemüse-basierten Mahlzeiten pro Tag, bekommt der Körper genug davon, und zwar gemeinsam mit allen anderen Vitalstoffen. So ist z.B. Calcium zur Verstoffwechslung von Vitamin-D und für die Knochenbildung genauso wichtig. Und auch das nehmen wir besser über Gemüse als über Milch oder Vittamintabletten  auf.

Behandlung durch Vitamin-D-Zufuhr

Die Einnahme von Vitamin D sollte nur in Absprache mit einem Arzt/Heilpraktiker erfolgen. Es gibt medizinische Gründe, die eine Zufuhr an Vorstufe sinnvoll machen. Dabei sollten die Laborwerte, unter Umständen auch der Urin, kontrolliert werden. Denn bei der Medikamentation kann es trotz labortechnisch scheinbarem Mangel an gebildetem "Vitamin"-D-Hormon zugleich auch zu einer Überdosierung kommen. 
 
Deswegen ist die hochdosierte Zufuhr gar nicht so unproblematisch,
wie sie leider oft propagiert und praktiziert wird. 

Ohne Sonnenlicht funktioniert die Aufnahme des Wirkstoffes aus den Tabletten jedoch immer noch nicht. Zur Verordnung des Medikamentes gehört also unbedingt die Empfehlung, täglich nach draussen zu gehen, am besten zur Mittagszeit. Früher gab es in Sanatorien das verordnete Mittagsschläfchen an der frischen Luft, zu dem die Patienten schön warm eingekuschelt wurden.  

Und was ist mit Sonne und dem Hautkrebs-Risiko?

Bei maßvoller Sonnenexposition überwiegt die schützende Funktion von Vitamin D in der Haut die krebserregende Effekte des Sonnenlichts. 15-30 Minuten täglich reichen dafür übrigens bereits schon. (Ein Sonnenbrand sollte in jedem Fall vermieden werden!)

Zusammenhang mit dem Osteoporose-Risiko

Noch effektiver ist ein täglicher Spaziergang. Denn das Vitamin-D-Hormon spielt auch eine Rolle im Knochenstoffwechsel. Aber selbst bei Osteoporose sind die Medikamente weit weniger wichtig, als regel- und mässige Bewegung an der frischen Luft. 

Und genau daran hapert es meist auch bei der Haupt-Risikogruppe für Osteoporose, den  Senioren: zuwenig Bewegung, zuwenig frische Luft und einseitige Ernährung.