24. April 2012

Über die (Verun)Sicherheit von Chin. Heilkräutern


Immer wieder grassieren mehr oder weniger (un)sachliche Artikel in der Presse über die Sicherheit von (chinesischen) Heilkräutern. Teilweise sind die Artikel inhaltlich allerdings höchste absurd, und dies nicht nur in der Regenbogenpresse.

So erschienen in den letzten Tagen Artikel über eine aktuelle australische Studie über chinesische Fertigpräparate und chinesische Arzneimittel sowie über eine Studie über Präparate mit Aristolochiasäure in Taiwan und deren Konsequenzen für die Therapie mit chinesischer Pharmakologie (‚Krebs und Kragenbär’, Tagesspiegel (Berlin) vom 13.04.2012, ‚DNA offenbart illegale Zutaten’, Spiegel online, 16.04.2012). Diese Artikel bezeiehen sich auf eine australische Studie über dort illegal importierte Fertigmittel. Deren Zusammensetzung ist äusserst dubios, enthält oft nicht, was deklariert wird, sondern illegale Substanzen. Das können medikamentöse Wirkstoffe sein wie Antibiotika, Appetitzügler, Antidepressiva. Oder auch einfach international verbotene Zutaten von Tieren oder Pflanzen, die unter Artenschutz stehen wie Elfenbein. Brian May, einer der renommiertesten Spezialisten für chinesische Arzneimittel in Australien und Mitglied im registration board und somit zuständig für deren Zulassung in Australien, hat bereits Stellung zu dieser Studie bezogen und verweist darüber hinaus ausführlich und differenziert auf deutliche methodische Mängel der Studie. Zusammenfassend kritisiert er, dass diese Studie keine klare Evidenz hinsichtlich einer deutlichen Toxizität einzelner chinesischer Arzneimittel generiert, dafür aber umso mehr wilde Spekulationen darüber.

Die „Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V.“ (AGTCM) als qualifizierter Dachverband hat nun - auch in Absprache mit den Kollegen aus Australien, wo eine der Studien herkommt - eine offizielle Stellungnahme der AGTCM zu diesem Thema veröffentlicht. (link zur Stellungnahme)

Fakt ist: alles, was wirkt, hat auch Nebenwirkungen. Das gilt für Medikamente, für westliche wie auch für asiatische Heilkräuter. Jedes Heilmittel oder Medikament, sogar jedes Lebensmittel hat einen Bereich, in dem es fördernd wirkt, und ab einer gewissen Dosierung wird alles auch gefährlich. Bei Verschreibungen und Rezepturen kommt noch hinzu, dass diese individuell bei bestimmten Erkrankungen gegeben werden. Auch hier gilt, was dem einen hilft, schadet einem anderen. Das beste Beispiel aus meiner Praxis ist Kamillentee, der lindernd bei Magenschmerzen wirkt - bei chronischer Überdosierung jedoch sogar Magengeschwüre verursacht hat.

Von diesen Grundlagen abgesehen, sollte auch selbstverständlich sein, dass Medikamente und Kräuter aus einer seriösen Quelle bezogen werden müssen. Hier sollte der Käufer zu Recht äusserst kritisch sein. V.a., wer übers Internet auf der Suche nach möglichst billigen Schnäppchen ist, braucht sich nicht zu wundern, dass er statt einem teuren, hochwertigen Wirkstoff ein minderwertiges Plagiat erhält. Oder noch schlimmer, irgendeinen Mist, der sogar gefährlich sein kann!

Daher empfehle ich meinen Patienten auch immer bestimmte Hersteller, Lieferanten, kompetente Apotheken, deren Qualität nachvollziehbar und geprüft wird.

Weiterführende Literatur zu diesem Thema finden Sie auch z.B:

Axel Wiebrecht
Verbot von Asarum – eine fragwürdige Sicherheitsphilosophie
Dt Zschr Akupunktur 54(2), 2011:47-50

Leserbriefe des Centrum für Therapiesicherheit in der Chinesischen Arzneitherapie (CTCA) zu „Krebs durch Kräutermix“, Süddeutsche Zeitung vom 22.12.2009

Im Bereich der Aromatherapie sehr lesenswert:

Gesundheitsgefahr durch ätherische Öle, Blogbeitrag der Aromaexpertin Eliane Zimmermann