19. August 2019

Nebenwirkungen


In einem älteren Kommentar (link: Hatz auf Schöllkraut ) wurde sehr treffend beschrieben, mit welchen Tricks Naturheilmitteln die Zulassung entzogen wird. Hierbei geht es nicht um eine saubere Klärung der Wirkung, Nebenwirkung und Dosierung, um Schädigungen durch Arzneimittel beim Patienten zu minimieren. 

Denn auch Natur ist NICHT immer harmlos, 
ebensowenig ist Pharma NICHT immer schlimm.

Fakt ist, ich zitiere (zum Quellartikel) :

Aufgrund der Lebertoxizität von Schöllkraut wurden bereits 2008 allen Phytopharmaka mit einer Tagesdosis von mehr als 2,5 mg Gesamtalkaloiden die Zulassung entzogen. Alle Präparate mit einer niedrigeren Tages-Gesamtdosis mussten in die Patienteninformation Warnhinweise zur Lebertoxizität aufnehmen. Im September 2018 hat das BfArM ein Risikobewertungsverfahren gegen schöllkrauthaltige Produkte eingeleitet. Produkte mit 2,5 mg Schöllkrautextrakt pro Tagesdosis erhalten keine Zulassung mehr.

Laut BfArM sollen 
48 Einzelfallberichte über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen 
in der Organsystemklasse „Leber- und Galleerkrankungen“ vorgelegen haben. 
Diese Hinweise waren alle wirkstoff- und nicht produktbezogen. 
Heißt konkret: 
Die Hinweise bezogen sich ausschließlich auf die Einnahme von Schöllkraut 
und nicht auf die Einnahme von Iberogast®, das mehrere Pflanzenextrakte enthält.

Die Dosis macht das Gift! 

Dieser Lehrsatz gilt für alle harmlosen Substanzen wie auch für hochgiftige Mittel. Selbst das beste Trinkwasser kann im Übermass genossen zu Organ- und Hirnschäden führen. Beim Bärlauchsammeln versehentlich 1-2 Blätter der Herbstzeitlosen miterwischt, endet recht sicher tödlich. Obwohl Colchicum ein wichtiges Heilmittel ist, allerdings in wesentlich feinerer Dosierung und anderer Zubereitung.


Zur Info wieder einige Fakten (zum Quellartikel) :

Mit einer Menge von 0,3 Milligramm Gesamtalkaloide pro Tagesdosis
enthält Iberogast® vergleichsweise wenig Schöllkraut-Extrakt.

Etwa fünf Verdachtsmeldungen über Schöllkraut pro Jahr, 
1–2 Todesfälle ohne bestätigten kausalen Zusammenhang zu Iberogast® 
in den letzten knapp 60 Jahren
Natürlich muss jedes Risikosignal ernst genommen werden 
und jeder Todesfall ist extrem tragisch und einer zuviel.

Da fragt sich sich doch jeder mit gesundem Menschenverstand, 
um was es bei all den Diskussionen tatsächlich geht...

Wie im Krimi: wer ist der wirkliche Übeltäter?


Wenn ich dann im Alltag, im Freundeskreis und in der Praxis erlebe, wie schnell die meisten Menschen Schmerzmittel (wie Paracetamol, ASS, und sogar deutlich stärkere Mittel) "mal eben" einnehmen, oder wie oft Breitensportler schon vor dem Sport mal eben ne Schmerztablette einwerfen 
- dann stellt sich an dieser Stelle die ganz grosse Frage, 
welches Mittel hat den Schaden gegebenfalls verursacht?

Übrigens, Paracetamol ist (nicht nur in USA und GB) die häufigste Ursache für akutes Leberversagen. Und nur die Hälfte davon hat sich damit beabsichtigt vergiftet (z.B. in suizidaler Absicht) mit einer zu lange andauernden oder zu hohen Dosis. Dann gibt es Menschen, die bereits bei einer deutlich geringeren Dosis Leberschäden von Paracetamol bekommen, weil bei ihnen die Ausscheidung verringert ist. 

- Und wer regelmässig halt mal ne Para einwirft, denkt selten nach, wenn er dann bei Übelkeit halt noch ein Schöllkraut-haltiges Mittel dazu nimmt. 

Die Marktzulassung von Para wird übrigens nicht in Frage gestellt...

Das übliche Milliardengeschäft trotz Nebenwirkungen

Zitat (zum Quellartikel)

Pro Jahr versterben alleine in Großbritannien 
3.000 (!) Menschen an Blutungskomplikationen durch Acetylsalicylsäure, 
so ein Ergebnis der Oxford Vascular Study.  
Natürlich werden weitaus mehr Leben durch verhinderte cerebrale und kardiale Ereignisse gerettet. Richtig eingesetzt ist ASS in der Reinfarktprophylaxe und nicht in der Primärprävention ein wichtiges Arzneimittel. Keiner würde hier auf die Idee kommen, eine Marktrücknahme zu verlangen.

Achten Sie doch mal darauf, wieviele Menschen im Bekanntenkreis, seit Jahren ASS 100, oft plus "Magenschutz"-Mittel, einnehmen. Oder diese "Magenschutzmittel" seit langem einnehmen, weil sie so Sodbrennen und Magenschleimhautentzündung haben. Gerne trotzdem in Kombination mit Schmerzmittel eingenommen. Allein schon der Begriff Magen"schutz"mittel ist Irreführung per se! (Denn in Wirklichkeit müsste der Magen davor geschützt werden.)

Tausende Todesfälle gehen nach einer Studie von Xie et al. auf das Konto von Protonenpumpenhemmern. Dies gilt auch für die Dosierung, die in Apotheken ohne Rezept erworben werden können. Forderungen nach Rücknahme? Fehlanzeige.  

Im Gegenteil. Diese Protonenpumpenhemmer (oft Säureblocker, Magenschutz, PPI genannt) werden fleissig verschrieben und oft sinnlos über lange Zeit eingenommen. Die Kritik bezieht sich hier darauf, dass die Tabletten fröhlich eingeworfen werden, aber keine Veränderung der Gewohnheiten stattfindet, die das Sodbrennen, den Reflux oder die Magenschleimhautentzündung auslösten! Die einzige wirkungsvolle Therapie ist nämlich eine Ernährungs- und Verhaltensänderung. 

Der Protonenpumpenhemmer bremst kurzfristig nur die Heftigkeit über 7-10 Tage und lindert den akuten Leidensdruck. (Das kann in einer Klinik und hochakut durchaus sinnvoll sein!) Aber sicher nicht, damit der Patient weitermacht wie bisher. Und schon gar nicht über Wochen, Monate und sogar Jahre, wie bei manchen Patienten...

Sie nehmen Protonenpumpenhemmer, haben Reflux, Sodbrennen?
Dann lohnt es sich ein bissl hier weiter zu lesen: link